Ein Herz im Winter
„Ein Herz im Winter” — “Un Coeur en Hiver” — A Heart in Winter”
Frankreich 1992 – Regie: Claude Sautet – Musik: Maurice Ravel
mit André Dussollier (Maxime), Emmanuelle Béart (Camille) und Daniel Auteuil (Stéphane)
 
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Die Presse
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Die Presse, Wien, 4. September 1992, Ressort: Kultur

Musterschüler unter sich

Das Filmfest von Venedig plätschert dahin

Keine großen positiven Überraschungen, keine sonderlich schmerzlichen Enttäuschungen: die 49. Mostra von Venedig plätschert nach einem vielversprechenden Beginn ein wenig sanft vor sich hin — und stellt in einer kleinen, zufälligen Auswahl einander gegenüber, was das Autoren-Kino in Europa und den USA im letzten Jahr hervorgebracht hat:

Claude Sautet, der routinierte Chronist der bourgeoisen Lebenslagen der Pariser Mittvierziger, lieferte mit seinem Wettbewerbsbeitrag „Un coeur en hiver”/„Ein Herz im Winter” ein Gefühls-Drama ab, das nach einer kraftlosen Eröffnung mit seiner kalkulierten, leisen Melodramatik beeindrucken kann. Erzählt wird von einer Liebesgeschichte — von einer komplizierten, wie das Leben so spielt: Die junge Violinistin Emmanuelle Béart („La Belle Noiseuse”) bricht als Geliebte in das routinierte Freundschaftsverhältnis zweier passionierter Lautenbauer ein und läßt ihre Gefühle bald von Daniel Auteuil, dem eifersüchtigen Freund ihres Freundes, verwirren. Das Unglück der gutbürgerlichen Menschen, präzise arrangiert, kühl registriert.

Szenenwechsel zum US-Autorenkino: Außerhalb des Wettbewerbs zeigte man Howard Franklins – mit Joe Pesci und Barbara Hershey wohlbesetztes – Investigations-Drama „The Public Eye”: Eine aufwendige Führung (beträchtlicher Studiodekor-Einsatz ist garantiert) zurück ins New York des Kriegsjahres 1942, in die Welt der Sensationsreporter und Gangster. Ein zurückhaltend seriöser Joe Pesci („Good Fellas”; „My Cousin Vinny”) in der Rolle des passionierten Sensationsphotographen „The Great Berzini” wird darin in einen Korruptionsskandal der blutigen und schwer durchdringbaren Art verwickelt.

Geboten wird ansehnliches Hollywood-Unterhaltungskino (Produzent: Spielbergzögling Zemeckis) mit kleinen Eintrübungen: Franklin übernimmt sich mit der Fülle kleiner und großer Themen und raubt sich selbst, indem er musterschülerhaft Mafiakrieg, politischen Skandal, und zarte Romanze abschreitet, die Konzentration seiner Kino-Vorbilder: Keine Wiedererweckung von düsterer Private-eye-Atmosphäre und Film-noir-Herrlichkeit.

Venedig im Spätsommer: ein Festival das sich kaum Blößen gibt — und auf Außergewöhnliches noch warten läßt.

von Robert Weixlbaumer, Venedig
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